„Frischluft für Linz“
Pressekonferenz mit Umwelt- und Klimalandesrat Stefan Kaineder, Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger, Dr.in Kathrin Baumann-Stanzer (Umweltmeteorologie ZAMG) und Mag. Stefan Oitzl (Klima- und Luftschadstoffexperte Land OÖ)
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„Frischluft für Linz“ – Welche Auswirkungen hat der Haselgrabenwind auf das Stadtklima und Schadstoffbelastung? – Neues Messprogramm ist dem Feinstaub auf der Spur und liefert Grundlagen für Stadtplanung
Die von Menschen verursachte Klimakrise, die die Anzahl der Hitzewellentage in Österreich ansteigen lässt, stellt insbesondere Städte vor eine große Herausforderung. Damit die Lebensqualität in Städten – trotz Klimakrise – möglichst hoch bleibt, ist eine strategisch durchdachte, zügige Anpassung an die klimatischen Veränderungen auch in den Städten Oberösterreichs notwendig. Die Daten aus der 2021 präsentierten Regionalklimaanalyse für OÖ zeigen für die Stadt Linz eindeutig den großen Stellenwert des Haselgrabens. Der Haselgraben nördlich von Linz kühlt einerseits die Stadt und sorgt andererseits auch für weniger Feinstaub.
Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder: „Seit Jahrzehnten warnt uns die Wissenschaft, dass uns mit der Klimakrise die größte Herausforderung der Menschheitsgeschichte bevorsteht. Alle aktuellen Daten dazu bestätigen die Warnungen der Wissenschaft und zeigen, dass wir uns bereits jetzt auf große Veränderungen einstellen müssen. Treffen werden diese Veränderungen aber vor allem unsere Kinder. So prognostizieren Klimaforscher/-innen derzeit bis zum Jahr 2100 eine Verzehnfachung der Hitzetage. Das hat vor allem enorme Auswirkungen auf das Leben in den dichter besiedelten und vielfach versiegelten Zonen im Land. Die Luft, die aus dem Haselgraben in das Linzer Stadtgebiet strömt, kühlt die Stadt im Sommer und sorgt für weniger Feinstaub. Das zeigt uns, wie wichtig es ist, Grüngürtel in Stadtnähe zu erhalten und weiter zu forcieren.“
„Die Stadtklimaanalyse zeigt uns, wie wichtig eine klimagerechte Stadtentwicklung ist und vor allem auch, wie diese gelingen kann. Als nächsten Schritt werden wir nun das Klimawandelanpassungskonzept für Linz erarbeiten. Das nun startende Messprogramm wird uns helfen, den für Linz so wichtigen Haselgrabenwind noch besser zu erforschen. Eines ist jedenfalls klar: Wir müssen unsere Frischluft- oder Kaltluftentstehungsgebiete konsequent schützen, damit unsere Stadt auch in Zukunft lebenswert bleibt“ so die Linzer Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger.
Das Umweltressort des Landes Oberösterreich und die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik – ZAMG starten jetzt mit einem Messprogramm, um diesem Faktor auf den Grund zu gehen. Mit High-Tech-Spezialgeräten werden die Luftschichten im Norden von Linz genau unter die Lupe genommen. Ziel ist, lokale Windsysteme zu untersuchen, die einen Einfluss auf die Luftqualität in der Stadt haben. Die Ergebnisse sind wertvolle Informationen für die Stadtplanung, damit wichtige Faktoren für eine gute Luftqualität auch in den nächsten Jahrzehnten erhalten bleiben.
Frischluft aus dem Mühlviertel für Linz
Ein Schwerpunkt des Projekts ist der Haselgraben-Wind. Der Haselgraben ist neben dem Donautal der markanteste Einschnitt im Relief von Linz. Er verläuft von der Stadt rund zehn Kilometer nach Norden, ins deutlich höher gelegene Mühlviertel. Wenn es in den Nächten abkühlt, entsteht ein kleinräumiges Windsystem. Dann strömt frische Luft aus dem Mühlviertel über den Haselgraben in das Stadtgebiet von Linz. Denn je kälter Luft ist, desto schwerer ist sie und fließt, ähnlich wie Wasser, talwärts.
Wichtige Frischluftquelle
„Der Haselgraben-Wind hat daher einen ganz markanten Einfluss auf die Luftqualität in Linz“, erklärt Mag. Stefan Oitzl, Luftgüteexperte des Landes Oberösterreich. „Bei windschwachen Wetterlagen sammeln sich besonders im Winter Partikel von Heizungen, Industrie und Streumaterial in der unteren Luftschicht und die Konzentration von zum Beispiel Feinstaub steigt. Eine Strömung wie der Haselgraben-Wind mischt Frischluft in die schadstoffbelastete Grenzschicht der Stadt und die Konzentration der Schadstoffe in der Stadt sinkt. Daher ist es wichtig, künftige Bauvorhaben der Stadt so zu gestalten, dass die für die Luftqualität wichtigen Windströmungen auch in den nächsten Jahren ungestört erhalten bleiben.“
Neues Messsystem analysiert Luft über Linz
Um zu verstehen, welche Faktoren diese kleinräumigen Windsysteme beeinflussen, führen das Land Oberösterreich und die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) von Jänner bis Mai 2022 eine Messkampagne durch.
„Wir vermessen mit einem Ceilometer und einem Windlidar bis in einige hundert Meter Höhe die Verteilung von Wasser- und Staubteilchen sowie Windrichtung und Windstärke, um einen besseren Einblick in die komplexen Zusammenhänge zu bekommen“, sagt Kathrin Baumann-Stanzer, ZAMG Leiterin der Abteilung für Umweltmeteorologie. „Bei dieser Messkampagne benutzen wir erstmals die Kombination dieser beiden Lidar-Messysteme und erhalten so alle fünf Minuten mit sehr hoher Genauigkeit einen Einblick in die Schichtungs- und Strömungsverhältnisse in einem für die Luftqualität der Stadt Linz wichtigen Bereich.“
Ceilometer und Windlidar
Ein Lidar (Abkürzung für den englischen Fachbegriff „Light detection and ranging“) sendet kurze Laser-Lichtimpulse in die Atmosphäre, die dort an flüssigen oder festen Schwebeteilchen (Aerosolen) zurückgestreut werden. Aus der Laufzeit und Intensität des zurückgestreuten Lichtsignals kann mit einem Ceilometer auf die vertikale Verteilung aerosolreicher und aerosolärmerer Luftschichten und auf die Höhe von Wolken geschlossen werden. Beim Windlidar erfolgt die Signalaussendung zyklisch in verschiedene Raumrichtungen. Mit Hilfe des Dopplereffektes kann aus dem reflektierten Signal der Wind berechnet werden.
Im Sommer relevanter Faktor für Temperatur in der Stadt
Ein mögliches weiteres Vorhaben sind ähnliche Messungen im Sommer. Denn da hat der Haselgraben-Wind nicht nur Einfluss auf die Luftqualität, sondern bringt auch eine deutliche Abkühlung in den Nächten. Ein großer Faktor für gesundheitliche Probleme bei Hitzewellen ist die fehlende Abkühlung in den Nächten, da sie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Probleme verstärkt.