Neues Zeitalter für Außenbeleuchtung bricht an – Gesetz gegen Lichtverschmutzung einzigartig in Österreich
Pressekonferenz mit Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder, DI.in Susanne Maieron (Leiterin Abteilung Umweltschutz – Land OÖ) und Armin Kaspar, BSc (Projektkoordinator Lichtverschmutzung – Land OÖ)
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Neues Zeitalter für Außenbeleuchtung bricht an – Gesetz gegen Lichtverschmutzung einzigartig in Österreich – Mehr Lebensqualität für Mensch, Umwelt und Tierwelt sowie neue Möglichkeiten und Rechtssicherheit für Gemeinden
Vor mehr als zehn Jahren hat das Umwelt- und Klima-Ressort des Landes Oberösterreich der zunehmenden Lichtverschmutzung und seinen weitreichenden negativen Auswirkungen den Kampf angesagt. Aus dieser beständigen intensiven Arbeit sind neben Vorzeigegemeinden gegen sorglosen Umgang mit künstlichem Licht auch der erste Dark Sky Park Österreichs mit dem Sternenpark Attersee-Traunsee entstanden. Dieses Engagement mündet nun erstmals in gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung von Außenbeleuchtungsanlagen.
„Mit der im vergangenen Landtag beschlossenen Novellierung des Umweltschutzgesetzes ist ein österreichweit einzigartiger Meilenstein gelungen. Einerseits wird mit dem klaren Regelwerk die Umstellung auf energiesparende und umweltschonende Beleuchtung vorangetrieben und andererseits Rechtssicherheit für die Gemeinden hergestellt, wenn etwa Beleuchtung gänzlich abgeschaltet werden soll. Damit liefern wir einen zentralen Beitrag zur dauerhaften Verringerung der negativen Auswirkungen künstlichen Lichts und damit zum Schutz der Umwelt“, freut sich Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder über das bahnbrechende Gesetz zum Schutz des Nachthimmels.
Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder adressiert mit dem neuen Gesetz gegen Lichtverschmutzung drei wesentliche Problemfelder:
- Störung des Ökosystems: Sorgloser Umgang mit künstlichem Licht führt dazu, dass zunehmend lebensfeindlichere Bedingungen für Tiere und Pflanzen existieren, die in der Nacht ihr Lebensumfeld haben. 50 Prozent des Lebens auf diesem Planeten spielt sich in der Nacht ab. Zum Beispiel sind 85 Prozent aller Schmetterlinge nicht tag-, sondern nachtaktiv. Viele Insektenarten nutzen das Licht der Sterne oder des Mondes zur Navigation. Künstliches Licht kann sie desorientieren und sie von ihren natürlichen Wander- oder Nahrungsquellen ablenken. Dies kann zu einer Verringerung der Populationen und einem Ungleichgewicht in Ökosystemen führen.
- Gesundheitliche Auswirkungen: Übermäßige Beleuchtung in der Nacht kann den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus des Menschen stören und zu Schlaflosigkeit oder anderen gesundheitlichen Auswirkungen führen. Darüber hinaus wird Lichtverschmutzung mit einer erhöhten Rate von Augenerkrankungen und hormonellen Störungen in Verbindung gebracht.
- Verlust des Nachthimmels: Übermäßiges künstliches Licht führt vor allem in dichter besiedelten Gebieten zu einem Phänomen, das als Himmelsleuchten bekannt ist. Das Licht von Straßenlampen, Werbetafeln und Gebäudebeleuchtung hellt den Nachthimmel auf und schränkt die Sichtbarkeit von Sternen, Planeten und anderen Himmelskörpern ein. Dies führt dazu, dass viele Sterne und sogar ganze Sternbilder für Beobachter gänzlich unsichtbar werden.
Neben der Bekämpfung der ökologischen Folgen wird die Novelle auch eine grundlegende Auswirkung auf den Energieverbrauch haben und ist damit auch als bedeutende Klimaschutzmaßnahme einzuordnen. „Ich bedanke mich bei den vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Umweltressort, die nicht nur seit vielen Jahren mit Herzblut gegen die Lichtverschmutzung kämpfen, sondern auch einen gewichtigen Beitrag zum Gelingen der Novelle beigetragen haben“, so Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder.
Oberösterreich als Vorreiter im Kampf gegen Lichtverschmutzung
Tags zu wenig, nachts zu viel Licht. Das ist ein Grundproblem der Lebensweise des modernen Menschen. Dunkle Nächte und natürliches Licht tagsüber sind wichtig für uns Menschen und unseren Lebensraum. Kunstlicht in falscher Qualität und Intensität zur falschen Zeit am falschen Ort kann gravierende Schattenseiten haben.
Wie hell die Nächte durch künstliches Licht werden, zeigen das OÖ-Lichtmessnetz und der Lichtkataster Zentralraum: Sie zeigen, wie unterschiedlich sich die Himmelsaufhellung in Oberösterreich darstellt und wie viel Licht urbane Gebiete im Vergleich zu ländlichen Regionen abstrahlen. Insgesamt 23 Messstationen ermitteln in Oberösterreich jede Nacht die Himmelsaufhellung. Der Trend zeigt einen jährlichen Anstieg von bis zu 5 Prozent an manchen Stationen.
Wie unterschiedlich sich der Nachthimmel an verschiedenen Standorten darbietet, zeigen die folgenden Fischaugen-Nachtaufnahmen bei den Stationen (von links nach rechts): Kirchschlag‑Davidschlag in Mühlviertel (21,4 mag/arcsec²), Linz‑Sternwarte (19,6 mag/arcsec²) und Linz‑Goethestraße (18,9 mag/arcsec²) bei gleichen Kameraeinstellungen. Der Anstieg um eine „Magnitude pro Quadratbogensekunde“ (mag/arcsec²) entspricht dabei einer 2,5-fachen Intensitätserhöhung.
Quelle: Land OÖ, Abteilung Umweltschutz
Das Land Oberösterreich initiierte bereits erstmals 2018 einen österreichweiten Leitfaden mit Empfehlungen für Licht im Außenraum. Der Film “Licht im Einklang mit Mensch und Natur” zeigt am Beispiel der Gemeinden Kirchschlag bei Linz und Steinbach am Attersee mit Drohnenaufnahmen eindrucksvoll, wie Mensch und Umwelt von zukunftsfähiger Außenbeleuchtung profitieren.
Auch mit der Zertifizierung des Naturparks Attersee-Traunsee durch die Dark-Sky Assocation zum ersten offiziellen österreichischen Sternenpark (Dark Sky Park) nimmt Oberösterreich beim Schutz des Nachthimmels eine Vorreiterrolle ein. Ein Sternenpark ist ein Licht- und Landschaftsschutzgebiet, in dem die nächtliche Dunkelheit und die natürliche Nachtlandschaft als Schutzgut gelten und diese vor Lichtverschmutzung bestmöglich geschützt sein sollen. Bereits im Jahr 2021 wurde der Naturpark Attersee-Traunsee als erste zertifizierte Sternenparkregion Österreichs ausgewiesen. Nähere Informationen und Publikationen finden Sie gut aufbereitet auf der Homepage des Landes OÖ unter Licht – Lichtverschmutzung: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/115999.htm
Umweltschutzgesetz als Schutzschirm der Ökosysteme und des Nachthimmels
Als erstes Bundesland hat Oberösterreich nun eigene und klare Regelungen gegen Lichtverschmutzung im Oö. Umweltschutzgesetz verankert. Ziel ist es die zunehmende Lichtverschmutzung und deren negative Auswirkungen auf Menschen, Tier- und Pflanzenwelt einzudämmen. Die Bestimmungen geben einen Rahmen vor, wie künstliche Beleuchtung im öffentlichen Raum einzusetzen ist, um eine bedarfsgerechte, zielgerichtete und ökologisch verträgliche Außenbeleuchtung zu gewährleisten. Es werden praktische Maßnahmen festgelegt, die sowohl zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen und Tieren beitragen als auch die natürlichen Lebensräume und den natürlichen Nachthimmel erhalten.
Das Gesetz wurde nach zahlreichen Ausschusssitzungen am 7. März 2024 einstimmig im Oö. Landtag beschlossen und tritt mit 1. Mai 2024 in Kraft. Zeitgleich werden auf der Landeshomepage FAQs zur Umsetzung der Gesetzesnovelle für Gemeinden und Musterbeleuchtungskonzepte veröffentlicht. Die Oö. Landesregierung wird das Gesetz zwei Jahre nach Inkrafttreten einer umfassenden Evaluierung unterziehen.
Die meisten beleuchtungstechnischen Fragen sind österreichweit derzeit nicht gesetzlich geregelt. Es gibt jedoch Normen, die bestimme Mindeststandards für die Beleuchtung wie auch zur Vermeidung unerwünschter Störwirkungen von künstlichem Licht setzen. Eine wichtige normative Grundlage ist die ÖNROM O 1052 „Lichtimmissionen – Messung und Beurteilung“, die im Herbst 2012 in Kraft trat. In dieser Norm geht es nicht um einen speziellen Typ von Beleuchtung, sondern ganz allgemein darum, wie man künstliche Beleuchtung so gestalten kann, dass Blendung, Raumaufhellung, Aufhellung der Umwelt, Himmelsaufhellung usw. möglichst vermieden werden können. Kurzum: Ein wichtiges Thema der ÖNROM O 1052 ist die Vermeidung von Lichtverschmutzung.
Teile der ÖNROM werden im Oö. Umweltschutzgesetz nun für verbindlich erklärt. Damit ist sie bei sämtlichen Angelegenheiten, welche in den Zuständigkeitsbereich des Landes fallen, verbindlich. Konkret ist dies nun durch Verbindlichkeitserklärung der Punkte 4 und 7 der ÖNORM O 1052:2022 möglich.
Durch die Punkte 4 und 7 werden primär folgende Inhalte geregelt:
- bedarfsgerechte Betriebszeiten in Abhängigkeit zum Bewertungsgebiet,
- umwelt- und gesundheitsschonende Lichtfarbe,
- eingeschränkte Strahlrichtung, die eine Abstrahlung des Lichts in die Horizontale und nach oben hin unterbindet und somit unnötige Aufhellung des natürlichen Nachthimmels möglichst vermeidet
Die ÖRNOM regelt auch, dass bestimmte Voraussetzungen einzuhalten sind, sofern die Beeinträchtigung von Natur und Umwelt durch künstliches Licht vorliegt. So ist beispielsweise die Beleuchtung von Schlaf- und Brutplätzen zu vermeiden. Naturschutzfachlich sensiblen Lebensräumen wie etwa bei Ausweisung in der Biotopkartierung oder Gewässern dürfen durch künstliche Beleuchtung um nicht mehr als 0,25 Lux aufgehellt werden. Es sind geschlossene Leuchten einzusetzen, um insbesondere das Eindringen von Insekten zu verhindern. Verbindlich ist auch die Vermeidung von Himmelsaufhellung. So können wir den Schutz unseres wunderschönen Nachthimmels wahren. Wenn die Lichtverschmutzung weiter eingedämmt wird kann die eindrucksvolle Nachtlandschaft bestmöglich erhalten bleiben.
Die ÖNORM gilt jedoch nicht, wenn etwa Interessen der Ruhe, Ordnung oder Sicherheit entgegenstehen. Diese Ausnahme muss im Einzelfall beurteilt werden. Die Verbindlichkeitserklärung wirkt sich auch nicht auf jene Rechtbereiche aus, für die der Bund zuständig ist, wie etwa das Gewerberecht. Eine solche Regelung kann im Landesrecht nicht getroffen werden, weil sie verfassungswidrig wäre. Ebenso sind Private Beleuchtungen von der Regelung nicht betroffen. Erfasst sind nur Außenbeleuchtungsanlagen, soweit ihre Errichtung und ihr Betrieb zum Zweck der Beleuchtung des öffentlichen Raums mit künstlichem Licht erfolgt.
Beispiel zur Veranschaulichung:
Bei einer Straße, die durch ein Wohngebiet (Bewertungsgebiet B) und ein gemischtes Wohngebiet (Bewertungsgebiet C) führt und bei der keine öffentlichen Interessen, z.B. der Ruhe, Ordnung oder Sicherheit, entgegenstehen, ist die Beleuchtungszeit entsprechend der ÖNORM O 1052:2022-10 auf 6:00 – 22:00 Uhr einzuschränken. Die Lichtfarbe der Beleuchtung ist mit 3000 Kelvin begrenzt. Die Strahlrichtung ist „full-cut-off“ (Abstrahlwinkel < 70°) auszuführen. In der verkehrsruhigen Zeit wird die Beleuchtung auf das erforderliche Maß gedimmt.
Gemeinden bekommen Rechtssicherheit
Viele Gemeinden waren durch fehlende gesetzliche Regelungen verunsichert und entschieden sich aus Gründen der ungeklärten Haftungsfrage dafür, die Straßenbeleuchtung die ganze Nacht hindurch, teils bei voller Intensität, zu betreiben. Dies führte zu einer signifikanten Emission von nicht notwendiger Beleuchtung – sogenannter Lichtverschmutzung.
Die OÖ Umweltschutzgesetz-Novelle 2024 schließt nun diese rechtliche Lücke. Sie ermöglicht es Gemeinden, unter Berücksichtigung von überwiegenden anderen öffentlichen Interessen wie Ruhe, Ordnung und Sicherheit, Beleuchtungskonzepte in Form von Richtlinien nach dem Stand der Technik, abgestimmt auf ihre individuellen Anforderungen, zu erstellen. Außenbeleuchtungsanlagen können durch diese Richtlinien gedimmt, aber auch gänzlich abgeschaltet und somit umweltbewusst und energieeffizient betrieben werden.