Hochwasserschutz in Oberösterreich – erste Bilanz zeigt Schutzwirkung der Hochwasserschutzeinrichtungen
Presseaussendung
Hochwasserschutz in Oberösterreich – erste Bilanz zeigt Schutzwirkung der Hochwasserschutzeinrichtungen – „müssen aber auf’s Tempo bei weiteren Maßnahmen drücken!“
Das Hochwasserereignis der vergangenen Tage ist vorüber und die Aufräumarbeiten haben längst begonnen. „Einerseits hatten wir dieses Mal etwas Glück, dass die größten Niederschlagsfelder nicht im Abflussbereich der oberösterreichischen Flüsse niedergegangen sind, andererseits hat sich die Schutzwirkung unzähliger baulicher Maßnahmen zur Hochwasserabwehr gezeigt. Tausende Oberösterreicherinnen und Oberösterreich und unzählige Gebäude konnten durch die Schutzmaßnahmen vor Überschwemmungen und Hochwasser bewahrt werden. Einzig etwas größere Flutschäden sind diesmal in Perg, Alkoven und im Bezirk Braunau zu verzeichnen, wo lokale Extremwetterlagen, für Überschwemmungen gesorgt haben. Ich bedanke mich bei den Einsatzkräften und deren freiwilligen tagelangem Einsatz, um etwa Keller auszupumpen, Siedlungen zu evakuieren, Straßen zu sperren oder auch Dämme verteidigen! Ohne dieses große ehrenamtliche Engagement und die große Solidarität wäre auch dieses Hochwasserunglück nicht zu bewältigen gewesen“, freut sich der für Hochwasserschutz zuständige Landesrat Stefan Kaineder über den glimpflichen Ausgang.
Jedes Hochwasser ist anders und die Niederschlags- und Abflusssituation unterschiedlich, aber als hydrologische Grundlage für die Planungen von zukünftigen Schutzmaßnahmen unschätzbar wertvoll. Klar ist, einen hundertprozentigen Schutz vor Hochwasser gibt es nicht. Die Warnungen vor den großen Niederschlagsmengen und bevorstehenden Hochwasser waren für dieses Ereignis außerordentlich wertvoll und haben bei diesem Ereignis sehr gut funktioniert. Die Einsatzkräfte und die Bevölkerung konnten sich hier frühzeitig auf die bevorstehenden Herausforderungen vorbereiten. „Das nächste Jahrhunderthochwasser wird vermutlich nicht lange auf sich warten lassen und je nach Niederschlags- und Abflusssituation eine größere Gefahr als das vergangene Ereignis darstellen. Wir müssen daher auf’s Tempo drücken und die anstehenden Projekte möglichst schnell in Umsetzung bringen“, weiß Kaineder.
Maßnahmen zum Hochwasserschutz haben in Oberösterreich sehr hohe Priorität. Seit dem Hochwasser 2002 wurde bereits viel getan und umgesetzt. Einer der spektakulärsten Erfolge war die rechtzeitige Fertigstellung des Machlanddamm Hochwasserschutzes. Die Bilder von Hochwasser 2013 mit der vollen Ausbaustufe des mobilen Hochwasserschutzes sind bis heute im Gedächtnis. Die Anstrengungen wurden auch nach 2013 fortgesetzt:
In den vergangenen drei Jahren wurden in Oberösterreich Investitionen im Ausmaß von 67,3 Mio. Euro in die Schutzwasserwirtschaft getätigt. In ganz OÖ sind 129 Rückhaltebecken fertiggestellt bzw. in Bau. Durch diese Rückhaltemaßnahmen wurden in Summe 20 Mio. Kubikmeter Retentionsvolumen geschaffen. Das ist in etwa das Fassungsvermögen von 8.000 olympischen Schwimmbecken, die im Ernstfall in Oberösterreich Wassermassen bremsen und einem geordneten Ablauf zugeführt werden können. Konkrete Planungen laufen für 26 weitere Rückhaltebecken. Neben den Rückhaltebecken gibt es unzählige lineare Maßnahmen wie etwa Dämme oder mobilen Hochwasserschutz, die ebenfalls wichtiger Bestandteil von funktionierenden Hochwasserschutzsystemen sind.
Auch die Landesdienststellen und Bezirkshauptmannschaften sind in ihrem Verantwortungsbereich vor, während und nach Hochwasserereignissen massiv gefordert. Die Wasserwirtschaft steht mit ihren Expertinnen und Experten für die Behörden, Einsatzorganisationen und der Öffentlichkeit rund um die Uhr zur Verfügung. „Die letzten Tage waren auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter extrem fordernd und ich möchte auch im gesamten Amt mein aufrichtiges Dankeschön für die geleistete Arbeit im Krisenfall ausdrücken“, so Landesrat Stefan Kaineder.
Zum aktuellen Ereignis werden umfangreiche Analysen noch angestellt. Zusammenfassend ist festzuhalten, landesweit traten Ereignisse in Fließgewässern im Bereich von HW1-HW5 sowie vielfach zwischen HW5-HW10 auf und teilweise stiegen die Wasserstände sogar bis HW30 und darüber an, was wierum zu vielen Ausuferungen und Überflutungen führte. Besonders herausfordernd für die Prognosen war dieses Mal der außergewöhnliche Schneefall und die anschließend einsetzende Schneeschmelze. Zusätzlich hat auch der Lawinenwarndienst seine Tätigkeit aufgenommen und entsprechende Warnungen ausgesprochen.
Erste Berichte aus verschiedenen Fachbereichen und Erfahrungen:
Donau
Das Hochwasser der Donau konnte im Rahmen der planmäßigen Vorkehrungen entsprechend der Betriebsordnungen ohne größere Probleme abgearbeitet werden. Die aufgetretenen Überflutungen betrafen die bekannten und typischerweise betroffenen Gebiete außerhalb von geschützten Bereichen. So kam es u.a. erwartungsgemäß zu einem Anspringen der Überströmstrecken im Stauraum Wallsee-Mitterkirchen. Ungewöhnlich große Schäden sind in Bezug auf das Hochwasser von der Donau nicht zu verzeichnen.
Hangrutschungen und Kläranlagen
Mit den starken Niederschlägen verbunden war auch – insbesondere im Nordosten Oberösterreichs – eine Häufung von Hangrutschungen. Zur behördlichen Unterstützung gab es deshalb diverse Einsätze der Landesgeologie. Im Nachgang des Hochwasserereignisses werden Sanierungsarbeiten an einzelnen Straßenabschnitten und bei Sicherungsbauwerken notwendig werden. Vom Hochwasser betroffen waren auch einzelne Kläranlagen, bei denen Teile der Reinigungsanlagen und Betriebsgebäude überschwemmt wurden. Wesentliche Verunreinigungen der Gewässer waren durch die hohe Verdünnung nicht gegeben.
Mühlviertel
Die Starkregenereignisse im September 2024 haben in den Einzugsgebieten des östlichen Mühlviertels, wie auch im Zentralraum zu hohen Wasserführungen in den Gewässern geführt. Die in der Vergangenheit, insbesondere nach den Hochwasserkatastrophen 2002 und 2013, errichteten Schutzmaßnahmen wie Rückhaltebecken und Längsbauwerke haben ihre Wirkung gezeigt und haben entsprechend der Wasserführung in Bezug auf das Bemessungsereignis HW 100 einen ausreichenden Schutz für die Bevölkerung erbracht.
Im Einzugsgebiet der Aist, welches von den Niederschlägen sehr stark betroffen war, kam es in der Ortspassage von Schwertberg und im weiteren Verlauf zur Donau zu Wasserständen in einer Jährlichkeit zwischen HW 30 und HW 50. Die Abflusssituation im Oberlauf der Feldaist, in Freistadt, war vergleichbar mit Schwertberg. Die Abflussräume entlang der Feldaist im Stadtgebiet von Freistadt waren flächig geflutet.
Es hat sich gezeigt, dass gemäß der vorliegenden Planungen Becken an der Feldaist oberhalb von Freistadt für die Hochwassersicherheit der Stadt und in Folge mit einer überregionalen Wirkung bis in die Siedlungsräume der Unterliegergemeinden unbedingt erforderlich sind.
Durch das Stadtgebiet von Gallneukirchen an der Großen Gusen lief eine rund 10 jährliche Hochwasserwelle durch. Aufgrund der geringeren Niederschläge im Einzugsgebiet kam es zu keinen Schäden. Planungen für einen sicheren HQ 100 Ausbau der Gewässerstrecke im Stadtbereich, kombiniert mit einer ökologischen Verbesserung des Gewässerregimes, liegen im Konzept bereits vor.
Verklausung Pesenbach und Überflutung in Alkoven
In der Ortschaft Strassham in der Gemeinde Alkoven kam es zu einer Überflutung von einigen Objekten durch den Gumpoldingerbach. Die Probleme dort sind bekannt und es ist auch ein Hochwasserschutzprojekt mit einem Hochwasserrückhaltebecken in Planung. Das Projekt soll nach Vorliegen der Grundverfügbarkeit bei der Behörde eingereicht werden. Am Pesenbach kommt es immer wieder zu Verklausungen in der Schluchtstrecke, die hauptsächlich von Schadbäumen durch das massive Eschensterben ausgelöst wurde. Hier ist in Abstimmung mit der Behörde und der Gemeinde Feldkirchen eine Sanierung mit Forstfirmen in Vorbereitung.
Kremstal
Nach erfolgreicher Fertigstellung eines der größten Rückhaltebecken Österreichs „RHB Krems Au“ an der Krems im Mai 2024 ist mit dem abgelaufenen Hochwasser-Ereignis die Bewährungsprobe bestanden. Das Becken hat erstmals die ankommenden Wassermassen aufgenommen, gespeichert und wieder kontrolliert in den Unterlauf abgegeben, ohne dass in den Unterliegergemeinden Wartberg und Kremsmünster Schäden entstanden sind.
Zur Sicherstellung eines ausreichenden Hochwasserschutzes für das gesamte Kremstal bis Ansfelden sind noch zusätzliche Rückhaltemaßnahmen am Sulzbach erforderlich. Derzeit sind die Planungen für ein Becken am Standort Mühlgrub im Gange. Entsprechend einer Machbarkeitsstudie kann ein weiteres Becken am Fernbach notwendig werden. Mit weiteren Maßnahmen in Neuhofen wäre das Kremstal vor Katastrophenhochwässern geschützt.
Salzkammergut
Bei aufgetretenen ein bis zehn-jährlichen Ereignissen haben sämtliche Schutzanlagen ihren Zweck erfüllt und konnten die Wassermengen schadlos abführen. Bislang wurden auch keine größeren Schäden gemeldet, die über das normale Ausmaß der Instandhaltung nach einem Ereignis hinausgehen.
Bedingt durch die anfangs tief liegende Schneefallgrenze und die einsetzende Retention in den Salzkammergutseen sind in den ersten Tagen des Ereignisses die Pegel im Verhältnis langsamer angestiegen. Durch das länger andauernde Ereignis über mehrere Tage und der zweiten Hochwasserwelle am Montagabend, sind auch die Seensteuerungen an ihre Grenzen gestoßen. Nachdem die Anlagen durchwegs vollständig geöffnet waren und die maximalen Abgabemengen annähernd erreicht waren, sind in Verbindung mit der eingetretenen Schneeschmelze die Pegelstände an den Seen nochmals stark angestiegen und werden voraussichtlich länger auf hohem Niveau bleiben bzw. nur langsam sinken.
Mit Stand Mittwoch werden in den Seen derzeit immer noch mehr als 100 Mio. m³ retentiert und gedrosselt in die Unterliegergewässer abgegeben. Diese Retention hat beim abgelaufenen Ereignis den Hochwasserabfluss abwärts der Seen maßgeblich verbessert, führt aber klarerweise zu Überflutungen und Unmut an den Seengemeinden. Die Steuerungen unterliegen jedoch sehr komplexen, wasserrechtlich bewilligten Regularien, die von den Organen des Gewässerbezirks Gmunden überwacht und kontrolliert werden. Diese Überwachung hat gezeigt, dass die Anlagen ordnungsgemäß und entsprechend den bewilligten Klauswehrordnungen funktioniert haben.
Innviertel
Im Bereich des Gewässerbezirkes Braunau haben alle Schutzbauwerke gut funktioniert. Es gab keine nennenswerten Schäden bzw. Probleme. Der im Sommer fertig gestellte Hochwasserschutz Weng hat seine Funktionsfähigkeit bewiesen. Die Hochwasser Rückhaltebecken verzeichneten allesamt einen leichten bis mittleren Einstau. Wobei dabei beide Hochwasserwellen retentiert werden konnten.
Ausgenommen davon war die Hochwasserschutzanlage in Teichstätt. Diese wurde bereits am Sonntag durch die erste Hochwasserwelle des Schwemm- und Hainbaches gut gefüllt. Das maximale Retentionsvolumen von aktuell ca. 1,8 Millionen Kubikmeter war bis auf 400.00 Kubikmeter aufgebraucht. Ebenso des Versickerungsbecken Lengau. Dieses verfügt ebenfalls über eine Kapazität von 900.000 Kubikmeter Retentionsvolumen. Aufgrund der Hochwasserwelle des Hainbaches war dieses bereits am Sonntag zu ca. 75 Prozent gefüllt. Die zweite Hochwasserwelle am Montag führte in den Nachtstunden dann zuerst zu einem Überlaufen des Versickerungsbecken Lengau. Der Überlauf mündet allerdings direkt im darunter liegenden Rückhaltebecken Teichstätt, wo in den Morgenstunden ebenfalls ein Überlastfall für wenige Stunden und ohne Probleme oder Schäden für die Unterlieger zu verzeichnen war.
Das Rückhaltebecken Sonnleiten in der Gemeinde Helpfau-Uttendorf am sogenannten Mauerkirchner Brunnbach ist auf ein 100-jährliches Ereignis bemessen und errichtet. Das maximale Retentionsvolumen beträgt beim Vollstau 440.000 Kubikmeter. Die enormen Regenmengen im Einzugsgebiet verursachten dann in den Nachtstunden von Montag auf Dienstag einen massiven Überlastfall der in weiterer Folge im Ortsgebiet von Mauerkirchen zur Überflutung führte.
Zusammengefasst konnten die Schutzbauwerke massive Schäden verhindern. Im Fall des RHB Sonnleiten zeigt sich leider, dass auch ein 100-jährliches Bemessungsereignis überschritten werden kann und ein Restrisiko bei jedem Hochwasserschutz verbleibt.
Weitere Information:
- Hydrographischer Dienst OÖ: Website Hydrographie
- Hochwasserwissen: INTERREG-PROJEKT ÖSTERREICH-BAYERN